#011: Wie Bequemlichkeit dir schaden kann

Newsletter vom 23. September 2023

Lesezeit: 6 Minuten

In der heutigen Ausgabe der Führungsimpulse möchte ich dir einen neuen Blickwinkel auf das Thema Bequemlichkeit geben.

Oftmals suchen wir nach Möglichkeiten, die Aufgaben und Herausforderungen des Alltags einfacher, schneller oder bequemer erledigt zu bekommen.

Was wir dabei häufig außer Acht lassen, ist, dass diese Bequemlichkeit oder Einfachheit einen Preis hat (der oft mehr als nur monetär ist):

            den Preis der Bequemlichkeit (engl. „cost of convenience“).

Und dieser Preis führt oft dazu, dass unsere Lebensfreude, unsere Beziehungen und sogar unsere Gesundheit darunter leiden.

Nachdem du die heutige Ausgabe der Führungsimpulse gelesen hast, wirst du:

  • verstehen, warum bequem nicht immer die beste Lösung ist.
  • verstehen, wie Bequemlichkeit sogar schädlich für dich und deine Mitmenschen sein kann.
  • die typischen Kosten der Bequemlichkeit kennenlernen.
  • Strategien an die Hand bekommen, wie du zukünftig mit dem Thema Bequemlichkeit umgehen kannst.

Bequemlichkeit – ein zweischneidiges Schwert

Unser modernes Leben ist in vielen Hinsichten geprägt von Bequemlichkeit.

Dank technologischen Innovationen bekommen wir viele Aufgaben des Alltags in kürzerer Zeit, mit weniger Aufwand und mit weniger Energie erledigt:

  • Mit nur einem Fingerwisch ist das Abendessen 15 Minuten später an unserer Türe.
  • In einer fremden Umgebung führt uns unser Smartphone souverän ans Ziel.
  • Dank Social Media und Textnachrichten können wir unsere Beziehungen aufrechterhalten, ohne uns zu treffen.
  • Videokonferenz-Software ermöglicht es uns, bequem von zu Hause aus zu arbeiten.

Doch diese Erleichterungen haben meistens zwei Seiten.

Denn die Erleichterung, die sie uns bringen, kommen mit einem Preis.

Und während sie das eine Problem lösen, bringen sie häufig neue Probleme mit sich.

Wir erleben es gerade, wie die digitalen Werkzeuge, welche die Arbeit effizienter machen sollen, auch zu einer „Always-on“-Arbeitskultur führen.

Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen beruflicher und privater Zeit immer mehr – was dazu führt, dass uns die Zeit zum Abschalten fehlt.

Und die sozialen Medien, die uns mit Menschen auf der ganzen Welt verbinden, führen paradoxerweise häufig dazu, dass wir uns noch isolierter fühlen.

Außerdem können Erleichterungen, die uns vermeintlich Freiheit verschaffen, uns in die Abhängigkeit führen und uns unserer Freiheit berauben.

Und zu guter Letzt können sie uns das nehmen, woraus das Leben besteht:

„Mit ihrem Versprechen einer reibungslosen, mühelosen Effizienz, droht [die Bequemlichkeit], die Art von inneren Kämpfen und Herausforderungen auszulöschen, die dem Leben einen Sinn geben.“

So der Columbia Professor Tim Wu in einem NYT Artikel („The Tyranny of Convenience“).

„Bei der Bequemlichkeit geht es nur um das Ziel, nicht um den Weg“.

Schreibt Wu ebenfalls in dem Artikel.

Die versteckten Kosten, die wir oft übersehen

Um ein Bild davon zu geben, was ich meine, lass uns ein paar Beispiele anschauen:

Navigation:

Google Maps (oder Apple Karten) haben es uns erheblich vereinfacht (im Auto und zu Fuß) uns in einer fremden Stadt zurechtzufinden.

Aber wie haben wir es vor Google Maps gemacht, wenn wir uns zu Fuß in einer fremden Stadt zurechtfinden wollten?

Wir haben andere Menschen gefragt und uns nach Schildern oder anderen Anhaltspunkten umgesehen.

Dabei haben wir oft Dinge entdeckt, die wir heute nicht mehr sehen, weil unsere Augen auf dem Handy-Display kleben.

Wir hatten Abenteuer zu erzählen … z. B. wie wir uns verlaufen haben und worauf wir dabei gestoßen sind.

Und manchmal ist bei den Gesprächen mit Einheimischen noch ein Geheimtipp (Restaurant, Sehenswürdigkeit etc.) verraten worden.

All das entgeht uns, wenn wir uns durch die Karten-Apps auf dem schnellsten Weg von A nach B bringen lassen.

Lieferdienste & Fast-Food:

Diverse Apps, mit denen wir uns Essen innerhalb von 15 Minuten nach Hause bestellen können, ersparen uns das Kochen.

Aber das Kochen hat neben der Zubereitung einer leckeren Mahlzeit noch weitere Funktionen.

Richtig genutzt ist es gemeinsame Zeit mit der Familie – eine Zeit, in der wir als Team auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten können.

Eine Zeit, in der wir reden, uns über den Tag austauschen und lernen können, mit gemeinsamen Herausforderungen umzugehen.

Diese Zeit fehlt oft, wenn wir uns Essen bestellen.

Denn im Normalfall geht jeder seinen oder ihren individuellen Aktivitäten nach, bis das Essen schließlich da ist.

Unterhaltung auf Knopfdruck

Mit unseren Smartphones haben wir jederzeit die Möglichkeit, uns unterhalten zu lassen. Und das tun wir meistens, sobald sich der erste Funken Langeweile auftut.

Beim Warten, auf der Toilette, bei langweiligen Meetings …

Aber für unseren Geist ist die Zeit des Nichtstuns oder der Langeweile essenziell. Denn häufig kommen genau da unsere kreativsten Ideen.

Remote Work

Arbeiten von zu Hause aus ist bequem.

Man ist in der gewohnten Umgebung, je nach Situation ist es ruhiger als im Büro und man spart sich den Arbeitsweg.

Aber auch das hat seinen Preis: Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen und die sozialen Interaktionen leiden darunter.

Gerade die ungeplanten Live-Interaktionen (auf den Fluren, in den Kaffeeküchen) führen oft dazu, dass Probleme aufgedeckt oder Lösungen gefunden werden, die in der digitalen Kommunikation niemals ans Licht gekommen wären.

Ich hoffe, die vier Beispiele konnten dir einen Einblick geben, dass Bequemlichkeit und Komfort meistens mit einem Preis und Folgeproblemen kommen.

Typische Kosten der Bequemlichkeit

Der erste Schritt, um mit den Kosten der Bequemlichkeit umzugehen, ist diese zu identifizieren.

Und dazu hilft es, zu wissen, wonach du suchst. Hier findest du ein paar der typischen Kosten:

  • Monetäre Kosten: Während bequeme Optionen Zeit sparen können, kommen sie oft zu einem höheren monetären Preis.
  • Körperliche Gesundheit: Fast-Food und mangelnde körperliche Aktivität aufgrund bequemer Verkehrsmittel (E-Scooter, E-Bikes) können langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben.
  • Beziehungen: Lieferdienste & Fertiggerichte nehmen uns die Zeit, die wir als Familie sonst in der Küche gemeinsam verbracht hätten.
  • Abenteuer: Die Verwendung von Apps (z. B. zur Navigation) kann dem Leben Abenteuer und Spontanität entziehen.
  • Geistige Gesundheit: Die dauerhafte Erreichbarkeit kann zu Stress und psychischer Belastung führen.
  • Zeit: Ironischerweise glauben wir durch bequeme Optionen freie Zeit zur Verfügung zu haben. In der Realität wird diese aber wieder durch anderes gefüllt – wodurch wir wieder keine Zeit haben. (Mehr dazu hatte ich in einer vergangenen Folge der Führungsimpulse geschrieben: „4 unbestreitbare Tatsachen über deine Zeit“)
  • Emotionale Tiefe: Textnachrichten zu senden mag effizient sein, aber es fehlt oftmals der Grad an Emotionen, der im persönlichen Gespräch vorhanden wäre.
  • Kreativität: Die ständige Verfügbarkeit von Unterhaltung am Smartphone kann Zeiten der Langeweile, die oft Kreativität fördern, unterdrücken.
  • Persönliches Wachstum: Die Überwindung von Herausforderungen und Hindernissen ist essenziell für Wachstum und kann durch die ständige Wahl des Bequemen ausbleiben. (Mehr dazu in einer zukünftigen Ausgabe)
  • Umwelt: Bequemlichkeit führt häufig zu einer stärkeren Belastung der Umwelt.

Wie wir sinnvoll mit Bequemlichkeit umgehen können

Was heißt das jetzt für dich?

Sollst du zukünftig auf technischen Fortschritt verzichten oder seine Vorteile leugnen?

Natürlich nicht!

Vielmehr geht es darum, ein Bewusstsein für die Kosten aufzubauen und dann eine bewusstere Entscheidung zu treffen.

Es geht nicht darum, die Annehmlichkeiten, an die wir uns gewöhnt haben, aufzugeben, sondern sie so zu nutzen, dass sie mit unseren Zielen und Werten übereinstimmen.

Dazu ist die Frage wichtig:

„Worum geht es mir gerade? - Effizienz oder Erlebnis?“

Wenn du geschäftsmäßig in einer neuen Stadt bist und einen Termin hast, dann wäre es unnötig nach dem Weg zu fragen, wenn du dich von deinem Smartphone navigieren lassen kannst.

Wenn du aber in einer neuen Stadt bist, um etwas zu erleben, dann wäre es vielleicht eine Option, das Handy lediglich als Foto zu nutzen, um die Eindrücke, die du live genießt, danach noch festzuhalten …

… und die Navigations-App auszulassen.

Oder wenn ihr euch das Abendessen per Lieferdienst kommen lasst, könnt ihr vielleicht die Zeit, die ihr dadurch spart, für Familien oder Paar-Aktivitäten nutzen, anstatt dass jeder seinen eigenen Tätigkeiten nachgeht, bis das Essen geliefert wird.

Durch diese kleinen, aber bedeutenden Veränderungen können wir das Beste aus beiden Welten genießen: die Effizienz der modernen Bequemlichkeit und die Tiefe der „ursprünglichen“ Erfahrungen.

Der Schlüssel liegt – wie bereits beschrieben – darin, sich der Kosten der Bequemlichkeit bewusst zu werden und von dort aus zu entscheiden, ob es zielführender ist, sich für die Bequemlichkeit oder für die Erfahrung zu entscheiden.

Die Essenz in Kürze (englisch: „TL;DR“ – „Too Long; Didn't Read“)

Mein Bestreben ist es, deine Leseerfahrung bei den Führungsimpulsen kontinuierlich zu verbessern.

Daher ist dieser Abschnitt ein Experiment, dir abschließend nochmals den Inhalt auf wenige Stichpunkte reduziert, an die Hand zu geben.

Antworte mir gerne auf diese E-Mail, ob das dir hilft oder ehr nicht.

TL;DR

  • Bequemlichkeit formt unser Leben: Meistens setzt sich die bequemere Lösung durch.
  • Bequemlichkeit hat aber versteckte Kosten: Tatsächliche finanzielle Kosten, verringerte soziale Interaktionen, reduzierte Abenteuermöglichkeiten und mehr.
  • Bequemlichkeit ist daher nicht immer gut: Sie kann Gesundheit, emotionale Tiefe, Kreativität und sogar das persönliche Wachstum einschränken.
  • Im bewussten Entscheiden liegt die Lösung: Es geht weniger darum, Bequemlichkeit zu vermeiden, sondern sich bewusst und situativ für oder gegen sie zu entscheiden.

Abschließend bekommst du wie gewohnt noch ein paar Impulse, wie du das Wissen aus der heutigen Ausgabe der Führungsimpulse anwenden kannst.

Action Zone – Wie du aktiv werden kannst


  • Bewusstsein aufbauen – Beobachte deine täglichen Entscheidungen und Handlungen:
    1. Wo nutzt du Technologie oder andere Mittel, um das Alltägliche zu erleichtern oder bequemer zu gestalten?
    2. Welche „Kosten“ könnten diese Bequemlichkeiten haben.
      Suche nach den Kosten in den unterschiedlichen Kategorien.
  • Kosten kompensieren
    1. Wie könntest du die Kosten kompensieren? (z. B. Familienzeit vor der Essenslieferung einplanen)
    2. Wie kannst du die Kosten begrenzen? (z. B. klare Regeln bei der Arbeit von zu Hause bzgl. der eigenen Arbeitszeiten)
  • Bewusstes Entscheiden
    1. Worum geht es mir gerade? Erlebnis oder Effizienz?
    2. Wofür sollte ich mich also bewusst entscheiden? Den bequemen oder den „ursprünglichen“ Weg?
  • Experimentieren
    1. Wähle eine Bequemlichkeit in deinem Leben aus und verzichte eine Woche auf sie. Wie ändert sich das Erlebnis?

    Das war es wieder für heute.

    Wobei … einer kommt noch:

    „Bequemlichkeit erleichtert zwar das Leben, aber Sinn entsteht oft dadurch, dass man sich absichtlich schwierigen Dingen stellt.“ (Quelle unbekannt)

    Alles Gute,

     Niko

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    1. 1:1 Coaching: Du willst deine beruflichen und privaten Wachstumsthemen möglichst schnell voranbringen? Erfahre in einem unverbindlichen (und für dich kostenlosen) Gespräch, wie ich dich mit individuellem Coaching dabei unterstützen kann.
    2. Impulsvorträge: Möchtest du deinem Team etwas Gutes tun und die Teammitglieder dabei unterstützen, sich beruflich und privat weiterzuentwickeln? Wie wäre es mit einem Impulsvortrag (neudeutsch Keynote 🥴)?
      Beliebte Themen sind Selbst- & Zeitmanagement, Energiemanagement, Stressmanagement & Resilienz
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