#010: Methoden sind gut – Prinzipien sind besser

Newsletter vom 16. September 2023

Lesezeit: 6 Minuten

In dem heutigen Führungsimpuls werde ich zwei Erkenntnisse mit dir teilen, die mein Denken komplett verändert haben.

Ich vermute sogar, dass die beiden Erkenntnisse der Grund dafür sind, dass du meine Beiträge bei LinkedIn verfolgst oder meinen Newsletter abonniert hast.

Denn mein Beratungs-, Trainings- und Coaching-Ansatz sowie meine Vorgehensweise, wie ich mir neues Wissen aneigne, sind geprägt von dieser Denkweise.

Die beiden Erkenntnisse, die ich dir heute vorstelle, werden dir helfen:

  • dein persönliches und berufliches Wachstum bedeutend zu beschleunigen.
  • dich schnell in neue Themen oder Wissensgebiete einzuarbeiten.
  • deine Fähigkeit zu verbessern, Sachverhalte und Themen konstruktiv zu hinterfragen.
  • dich in die Lage zu versetzen, deine eigenen Werkzeuge (für Führung, Persönlichkeitsentwicklung etc.) zu entwickeln (anstatt die von anderen zu „kopieren“).

Lass uns direkt einsteigen.

Erkenntnis 1 – Beachte die Halbwertszeit des Wissens

Der Begriff „Halbwertszeit des Wissens“ wurde erstmals 1962 von dem österreichischen Wirtschaftswissenschaftler Fritz Machlup benutzt.

Machlup beobachtete, dass Wissen häufig über die Zeit an Gültigkeit und Relevanz verlor.Daher beschrieb er mit der „Halbwertszeit des Wissens“ die Zeitspanne, in der die Hälfte des Wissens oder der Fakten in einem bestimmten Bereich

  • überholt wird,
  • nutzlos oder irrelevant wird oder
  • sich als unwahr erweist.

Ein Großteil unseres heutigen Wissens unterliegt diesem Phänomen des Relevanzverlustes.

Um dir ein paar Beispiele zu geben:

Wie viel von dem, was du während deines Studiums gelernt hast, ist heute noch relevant oder gültig?

Wenn du vor 15 Jahren ein IT-Studium absolviert hast/hättest, sind ein Großteil der Programmiersprachen, Technologien oder Hardwarekomponenten, die damals behandelt wurden, heute – wenn überhaupt – nur noch Randerscheinungen.

Ähnliches gilt im Bereich der Medizin. Behandlungsmethoden, die vor 20 Jahren noch „Stand der Wissenschaft“ waren, sind heute längst überholt.

Und auch im Bereich Führung wissen wir, dass viele Ansätze, die vor 20 Jahren in Führungstrainings gelehrt wurden, nicht hilfreich und sogar schädlich waren.

Um einen Einblick in Zahlen, Daten und Fakten zu geben: Die „Association of American Publishers“ hat 2013 die Halbwertszeit von wissenschaftlichen Veröffentlichungen untersucht.

Dabei hatten Veröffentlichungen im Bereich Gesundheitswesen durchschnittlich eine Halbwertszeit von 2 bis 3 Jahren und Veröffentlichungen im Bereich Geisteswissenschaften, Physik und Mathematik eine Halbwertszeit von 4 bis 5 Jahren.

Würde die Studie heute wiederholt werden, wären die Halbwertszeiten sehr wahrscheinlich kürzer als 2013, denn die Geschwindigkeit des Erkenntnisgewinns der Menschheit steigt jedes Jahr weiter an.

Zu keinem Zeitpunkt der Menschheit wurden so viele wissenschaftliche Veröffentlichungen publiziert, wie in den vergangenen Jahren.

Und damit erhöht sich natürlich auch die Geschwindigkeit des Wissensverfalls.

Wichtig zu verstehen ist, dass nicht jedes Wissen dieselbe Geschwindigkeit im Verfall erlebt.

Denn die Geschwindigkeit ist abhängig von dem Fachbereich und der Art des Wissens (Siehe dazu Erkenntnis 2).

Dabei ist die Spanne der Verfallgeschwindigkeit extrem breit:

  • Wissen aus den Medien (wie Nachrichten, Klatsch & Tratsch, Memes, Status-Updates, etc.) haben meist eine Halbwertszeit von wenigen Sekunden bis zu wenigen Tagen.
  • „Trend-Wissen“ hat meist eine Halbwertszeit von wenigen Tagen bis wenige Jahre.
  • Anwendungsspezifisches Wissen (z. B. Software-Tools, Behandlungsmethoden, etc.) haben häufig eine Halbwertszeit von wenigen Jahren.
  • Grundlegendes Schulwissen & akademisches Wissen hat häufig eine Halbwertszeit von mehreren Jahren bis zu Jahrzehnten.

Grundlegende wissenschaftliche Theorien oder Prinzipien können häufig eine Halbwertszeit von mehreren Jahrzehnten bis zu mehreren Jahrhunderten haben (z.B. Theorie der Schwerkraft, Rechenmethoden, etc.).

Was bedeutet das nun für dich?

Zuallererst bedeutet es: Wenn du vermeiden willst, dass dein Wissen über die Zeit nicht „weniger“ wird, solltest du dich stets darum bemühen, dein Wissen zu erweitern.

Denn wer sich ausschließlich auf seinem vorhandenen Wissen ausruht, wird bald viel irrelevantes Wissen besitzen und dadurch überholt werden.

Zweitens bedeutet es auch, dass du dir Wissen gezielt aneignen solltest bzw. deine Quellen und die Themen, mit denen du dich beschäftigst, bewusst wählst.

Denn wenn du dir hauptsächlich Wissen aneignest, dessen Relevanz schnell verfällt, wirst du ständig gegen den Wissensverfall kämpfen müssen.

Hilfreicher ist es, dir einen großen Wissensschatz an „zeitlosem“ Wissen (also Wissen mit einer langen Halbwertszeit) anzueignen.

Denn so musst du nicht stets versuchen dein Wissen vor dem Verfall zu schützen, sondern du kannst deinen Wissensschatz kontinuierlich aufbauen.

Bei der gezielten Suche nach „zeitlosem“ Wissen wird dir die 2. Erkenntnis helfen.

Erkenntnis 2 – Beginne immer bei den zugrundeliegenden Prinzipien

Wissen in einem Fachbereich oder zu einem spezifischen Thema lässt sich häufig in drei Kategorien unterteilen:

  • Prinzipien-Wissen
  • Methoden-Wissen
  • Tool-Wissen

Schauen wir uns die drei Kategorien genauer an:

Prinzipien-Wissen

Prinzipien-Wissen bezieht sich auf grundlegende Konzepte, Theorien, Gesetzmäßigkeiten und Wirkzusammenhänge, die ein bestimmtes Fachgebiet prägen.

Prinzipien bilden dabei das theoretische Fundament, auf dem weitere Kenntnisse aufgebaut werden können.

Methoden-Wissen

Methoden-Wissen beschreibt die Techniken, Prozesse, Verfahren und Ansätze, die zur Anwendung von Prinzipien-Wissen in der Praxis benutzt werden können.

Methoden sind häufig die Brücke zwischen Theorie und Anwendung.

Tool-Wissen

Tool-Wissen bezieht sich auf die spezifischen Hilfsmittel, Werkzeuge, Software oder Ausrüstungen, die das Ziel haben, eine Aufgabe zu erfüllen.

Tools erleichtern die praktische Umsetzung von Methoden und Prinzipien.

Beispiele

Um dir ein paar Beispiele zu geben:

Im beruflichen Bereich (Kontext Motivation):

Zugrundeliegendes Prinzip:

  • Autonomie, Meisterschaft und Sinn fördern die intrinsische Motivation

Methoden:

  • Management by Objectives / Results
  • Mentoring Programme
  • Zielvereinbarungsgespräche

Tools:

  • Leitfaden für Zielvereinbarungsgespräche
  • Entwicklungsplan
  • Regelmeetings

Im privaten Bereich (Kontext Abnehmen):

Zugrundeliegendes Prinzip:

  • Kalorienzufuhr > Kalorienverbrauch ➔ Gewichtszunahme
  • Kalorienverbrauch > Kalorienzufuhr ➔ Gewichtsabnahme

Methoden:

  • Limitierung der Kalorienzufuhr (z.B. durch eine Ernährungsumstellung)
  • Erhöhung des Kalorienverbrauchs (z.B. durch Sport oder Erhöhung der Bewegung)

Tools:

  • Ernährungsplan
  • Trainingsplan
  •  Trainingsjournal

Ich hoffe, die Beispiele verdeutlichen, was mit Prinzipien, Methoden und Tools gemeint ist.

Ein Phänomen, welches ich häufig erlebe, ist, dass Menschen gerne Tools haben wollen.

Führungskräfte wollen DEN Leitfaden für Mitarbeitergespräche.

Menschen, die abnehmen wollen, suchen häufig nach DEM PERFEKTEN Ernährungsplan oder Trainingsplan.

Häufig erlebe ich auch, dass die Werkzeuge als Allheilmittel gesehen werden.

  • „Sobald wir unser neues CRM-System haben, lösen sich alle unsere Probleme und wir können endlich das Umsatzziel erreichen.“
  • Wir brauchen das Führungs-/Managementtool X oder Y, damit unsere Führungskräfte richtig führen können.
  • Dieses oder jenes Task-Management-Tool wird uns endlich helfen, „alles erledigt zu bekommen“.
  • Mit dem neuen Fitnesstracker / der neuen Smartwatch werde ich endlich abnehmen.

Du verstehst den Punkt, oder? 😉

Das Problem dabei ist, dass Tools sehr situationsspezifisch und kontextabhängig sind.

DEN Leitfaden für Mitarbeitergespräche gibt es nicht, denn jedes Mitarbeitergespräch ist und sollte individuell sein.

Und DEN Trainings- oder Ernährungsplan gibt es ebenfalls nicht, denn jede Person hat eine andere Ausgangsposition (Gewicht, Muskelmasse, Größe, Vorlieben, …).

Das bedeutet konkret: Tools allein haben einen begrenzten Einsatzbereich, da sie meist situationsspezifisch und kontextabhängig sind.

Startest du hingegen damit, die zugrundeliegenden Prinzipien zu identifizieren und zu verstehen, ermöglicht es dir, die Funktionsweise bestehender Methoden und Tools zu verstehen.

Dadurch kannst du die für deine Situation und deine Zielsetzung besten Methoden oder Tools auswählen.

Und du kannst bestehende Methoden und Tools entsprechend deiner Anforderungen anpassen, sodass sie dich in deiner individuellen Situation unterstützen.

Mehr noch, du kannst auf Basis der Prinzipien deine eigenen Methoden und Tools entwickeln.

Übrigens: Auch Berater verfallen der Tool-Orientierung. Oft genug habe ich den Schaden anderer Unternehmensberater in Unternehmen wieder aufräumen dürfen, da sie bei den Kunden hauptsächlich Tools implementiert haben, ohne mit den Kunden die zugrundeliegenden Methoden und Prinzipien aufzuarbeiten.

Für viele Berater ist es natürlich bequem, jedem Kunden das selbe „Schema-F“ zu verkaufen. Allerdings funktioniert eine „One-Size-Fits-All-Lösung“ in den seltensten Fällen und hinterlässt meist dysfunktionale Prozesse. Was wiederum dazu führt, dass die Kunden wieder in alte Prozesse oder Verhaltensweisen zurückfallen.

Ein weiterer Grund, dich zuerst mit Prinzipien und Wirkmechanismen zu beschäftigen, ist die Geschwindigkeit des Relevanzverlustes.

Um in der Sprache von Erkenntnis 1 zu bleiben:

  • Prinzipien-Wissen hat meist eine lange Halbwertszeit und ist damit „zeitlos“.
  • Tool-Wissen hat meist eine kurze Halbwertszeit und unterliegt damit einem schnellen Relevanzverfall.

Das bedeutet, ein fundiertes Prinzipien-Wissen ist dein „Inflationsschutz“ vor dem Wissensverfall.

Wenn du dich also in neue Themen einarbeiten oder Meisterschaft in einem bekannten Bereich erlangen möchtest, solltest du versuchen, immer zuerst die zugrundeliegenden Prinzipien zu identifizieren.

Wenn du das berücksichtigst, wirst du schnell (auch in neuen Domänen) ein Wissensfundament aufbauen können, mit welchem du den meisten Personen in deinem Umfeld voraus bist.

Kommen wir nochmals auf meine Aussage zurück, dass diese beiden Erkenntnisse wahrscheinlich dazu geführt haben, dass du mir folgst.

Wenn du die Inhalte, die ich auf LinkedIn oder in meinem Newsletter mit dir teile, betrachtest, wirst du feststellen, dass ich stets versuche, zeitloses Wissen auf der Prinzipien-Ebene mit dir zu teilen. Natürlich teile ich auch Methoden oder Tools (z.B. die Action Zone am Ende meiner Newsletter).

Aber der Schwerpunkt liegt auf zeitlosen, universell (im Berufs- und Privatleben) einsetzbaren Prinzipien.

Das ist übrigens auch das, was du erhältst, wenn du mit mir im Rahmen von Coaching, Beratung oder Mentoring zusammenarbeitest.

Action Zone – Wie du aktiv werden kannst


  • Wissensinventur
    1. Wie viel von deinem Wissen unterliegt einem starken Wissensverfall?
    2. Wie viel von deinem Wissen basiert auf „zeitlosen Prinzipien“?
  • Plan
    1. Zeit schaffen
      1. Wo setzt du dich heute Informationen aus, die einen hohen Relevanzverlust haben und nicht relevant für deine Ziele sind?
      2. Wie kannst du diese Zeit nutzen, um dir anderes Wissen anzueignen?
    2. Relevanzverlust ersetzen
      1. Welches Wissen (das einem starken Relevanzverlust unterliegt) ist notwendig, um deiner Tätigkeit nachzukommen?
      2. Wie kannst du sicherstellen, dass du hier immer auf dem neusten Stand bist?
    3. "Zeitloses" Wissen aneignen
      1. In welchen Wissensdomänen bist du aktiv und interessiert?
      2. Welches sind die zugrundeliegenden Prinzipien?
      3. Falls du sie nicht kennst: Wo kannst du sie (er-)lernen?
  • Im Alltag
    1. Werde dir bewusst, welchen Informationen du dich aussetzt.
    2. Deine Aufnahmekapazität und Zeit sind begrenzt. Achte darauf, dass du nicht der Verlockung der schnell an Relevanz verlierenden Informationen verfällst.

    Eine Bitte habe ich abschließend noch an dich:

    Wenn du meine bisherigen Impulse wertvoll fandest, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Führungskräfte in deinem Umfeld ebenfalls von diesen Impulsen profitieren.

    ❤️ Ich bin mir sicher, sie würden sich freuen, wenn du die Impulse mit ihnen teilst.

    Dazu hast du 2 Möglichkeiten:

    1. Leite ihnen die Führungsimpulse direkt per E-Mails weiter
    2. Schicke ihnen folgenden Link zu meinem Newsletter Archiv: https://nikosingle.de/newsletter/
    Falls du diesen Newsletter weitergeleitet bekommen hast, kannst du dich unter https://nikosingle.de/newsletter/ anmelden, und du bekommst zukünftige Ausgaben direkt per E-Mail zugeschickt.


    Jetzt viel Spaß beim Reflektieren und Anwenden.

    Alles Gute,
    Niko


    3 Wege, wie ich dich neben diesem Newsletter noch unterstützen kann

    1. 1:1 Coaching: Du willst deine beruflichen und privaten Wachstumsthemen möglichst schnell voranbringen? Erfahre in einem unverbindlichen (und für dich kostenlosen) Gespräch, wie ich dich mit individuellem Coaching dabei unterstützen kann.
    2. Impulsvorträge: Möchtest du deinem Team etwas Gutes tun und die Teammitglieder dabei unterstützen, sich beruflich und privat weiterzuentwickeln? Wie wäre es mit einem Impulsvortrag (neudeutsch Keynote 🥴)?
      Beliebte Themen sind Selbst- & Zeitmanagement, Energiemanagement, Stressmanagement & Resilienz
    3. Workshops & Führungskräfte-Entwicklung: Individuell konzipierte Trainings, Workshops und Entwicklungsprogramme, um dein Führungsteam dabei zu unterstützen, eure derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen zu meistern.

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